Märkische Landsitze des Berliner Bürgertums


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Die märkischen Landsitze des Stadtbürgertums

Eine kurze Geschichte mit langer Vorgeschichte

Inhalt:

1. Die ungeschriebene Geschichte

2. Freizeitobjekte - nicht Lebensmittelpunkt

3. Die Entwicklung der Hauptstadt als Auslöser

4. Die Vorgeschichte

5. Die Motive

6. Ein Ausblick

Die ungeschriebene Geschichte

Seit Theodor Fontane erfreuen sich die Schlösser und Herrenhäuser des märkischen Adels einer bis heute ungebrochenen Aufmerksamkeit. Dagegen fristen die Landsitze des Bürgertums im öffentlichen Bewusstsein eher ein Schattendasein. Ausnahmen bestätigen die Regel. So ist vielleicht noch allgemein bekannt, dass Walther Rathenau Schlossherr in Bad Freienwalde war. Im Übrigen bleibt die Kenntnis von den Landsitzen jeweils auf den engeren örtlichen Umkreis begrenzt, soweit sie nicht ganz und gar verloren gegangen ist. Die wenigen Publikationen zu diesem Thema beschränken sich entweder auf ein einzelnes Objekt oder auf eine kleine Auswahl von Landsitzen. Der Informationsgehalt dieser Arbeiten lässt zudem - von wenigen Ausnahmen abgesehen – manchen Wunsch offen.

Wo liegen die Gründe dafür? Zunächst liegt auf der Hand, dass die Herrensitze des Adels es leichter hatten, sich im kollektiven Gedächtnis festzusetzen. Oft über Jahrhunderte haben Adelsfamilien das Bild ihrer Umgebung geprägt. Außerdem waren sie im Alltag des ländlichen Lebens viel stärker präsent als die meist nur sporadisch anwesenden Stadtbürger und deren Familien. Und das ländliche Domizil einer großbürgerlichen Familie diente seinem Zweck oft nur während einiger Jahrzehnte, manchmal sogar nur für wenige Jahre. Die Nutzung über mehrere Generationen innerhalb der gleichen Familie bildete die Ausnahme.

Als die Existenz privater Landsitze im Jahr 1945 ein abruptes Ende fand, begann auch ihr Bild im öffentlichen Bewusstsein rasch zu verblassen. In den folgenden Jahrzehnten war eine Beschäftigung mit diesem Teil der Vergangenheit wenig gefragt. Diese Feststellung gilt nicht nur für das ländliche Umfeld, d.h. für die verschiedenen Formen lokaler und regionaler märkischer Geschichtsschreibung. Auch in den beiden Teilen Berlins, aus denen die Eigentümer dieser Landsitze ja gekommen waren, tendierte das Interesse an ihnen gegen Null. Es war wohl so, dass man sich in dem einen Teil der Stadt damit nicht beschäftigen sollte, während man sich in dem anderen Teil im Grunde nicht damit beschäftigen wollte und es – wegen der Abschottung des Umlandes – auch nicht recht konnte. Ein so sensibler Beobachter wie der australische Historiker Christopher Clarke registrierte sehr wohl, dass Westberlin besonders in den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts bemüht war, seine preußisch-ostelbische Vergangenheit so schnell und so gründlich wie möglich zu vergessen.

Bis zum Jahr 1933 (mit Einschränkungen auch bis zum Ende des zweiten Weltkriegs) war Berlin der Brennpunkt, in dem die Vorstände der deutschen Großbanken und der meisten Industriekonzerne, viele der bedeutendsten Wissenschaftler, die Größen aus der Welt des Films, des Theaters und der Literatur, nicht zuletzt auch die führenden Persönlichkeiten aus Politik und Verwaltung zu Hause waren. Als diese Institutionen aus Berlin verschwanden (und die dort verbliebenen an Bedeutung verloren), schmolz auch das Großbürgertum dieser Stadt bis auf einen Rest zusammen. Anders als etwa in Hamburg erlahmte jetzt auch das firmen- bzw. familiengeschichtliche Interesse an den nun in einer feindlichen Welt gelegenen und ihren Eigentümern entfremdeten Besitzungen. Auch als sich in den Jahren 1989/1990 die politischen Verhältnisse grundlegend änderten, hatte es das Interesse an den früheren Landsitzen ebenso wenig eilig, in die neue, alte Hauptstadt zurückzukehren, wie das Großbürgertum selbst.

Womöglich noch zaghafter als in Berlin begann man im märkischen Land selbst, sich der  Landsitze des ehemals davongejagten Klassenfeindes zu erinnern, am ersten noch in einem Ort wie Bad Saarow, in dem dieser Teil der Geschichte schließlich auch kaum zu übersehen ist. Die meisten Heimatforscher nehmen sich kaum dieses Themas an, vielleicht weil sie – tief im ländlichen Milieu verwurzelt – nicht geneigt sind, sich gedanklich auf das glatte Parkett großbürgerlich-städtischer Lebenswelten zu begeben. Manche von ihnen betrachten die Landsitze als mehr oder weniger unerwünschte Fremdkörper in der ländlichen Idylle. Selbst die staatliche Denkmalpflege scheint von solchen Anschauungen nicht ganz frei zu sein. Wie wäre es sonst zu erklären, dass kaum ein großbürgerlicher Landsitz einen Platz in der Landesdenkmalliste gefunden hat - in einigen Fällen trotz unbestritten hoher architektonischer Qualität.

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Freizeitobjekte - nicht Lebensmittelpunkt

Als der jüdische Berliner Bankier Siegfried Bieber und seine Frau Josephine im Jahr 1930 ihren neu errichteten Landsitz Dahmshöhe bezogen, da senkten sich bereits die ersten Schatten einer bedrohlichen wirtschaftlichen und politischen Entwicklung über das Land. Keine fünf Jahre später ging das Ehepaar Bieber in die Emigration, aus der es nicht mehr zurückkehren sollte. Und als der Bankier Ernst Enno Russell im Jahr 1939 seinen Landsitz in Wulkow bei Neuruppin an eine befreundete Familie verkaufte, da rechneten die Käufer wohl nicht damit, dass sich sechs Jahre später die Rote Armee für nahezu ein halbes Jahrhundert in dem Anwesen einrichten würde.

Solche tief greifenden Umwälzungen bildeten natürlich nicht immer den Hintergrund für den Erwerb oder den Verlust eines Landsitzes. Anders als in vielen Adelsfamilien war es in bürgerlichen Kreisen üblich, dass die Grundeigentümer kamen und gingen. Beim Tod eines Besitzers waren die Erben oft nicht an der Übernahme des Anwesens interessiert. Auch finanzielle Schwierigkeiten führten gelegentlich zur Aufgabe. Es kam sogar vor, dass ein Eigentümer einfach die Lust an seiner Erwerbung verlor und sich an anderer Stelle einen neuen Landsitz suchte.

Andererseits lassen sich allerdings auch Beispiele für eine enge Verbundenheit des bürgerlichen Eigentümers mit seinem Besitz finden. So bewirtschaftete der Berliner Chirurg August Bier sein Forstgut in Sauen 37 Jahre lang und ließ sich schließlich dort auch beerdigen. Im ununterbrochenen Familienbesitz über Generationen befanden sich unter anderem das Rittergut Groß Behnitz im Havelland (Familie Borsig, von 1866 bis 1945) und das Weingut Horchheim bei Koblenz (Familie Mendelssohn, von 1818 bis 1902). Diese beiden Besitztraditionen wären wohl noch länger fortgeführt worden, wenn nicht in dem einen Fall die Bodenreform und in dem anderen Fall die Zerschneidung des Areals durch neu angelegte Verkehrstrassen zur vorzeitigen Aufgabe geführt hätten.

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Die Entwicklung der Hauptstadt als Auslöser

Die Geschichte der Landsitze des Berliner Bürgertums folgt der Entwicklung der Hauptstadt zum preußisch-deutschen Handels-, Verkehrs-, Industrie- und Finanzzentrum mit einem gewissen zeitlichen Abstand. Es war oft erst die zweite Generation der großen Berliner Unternehmerfamilien, die ihre gefestigte wirtschaftliche Position durch den Erwerb eines Landsitzes dokumentierte. Wenn man von einzelnen frühen Vorläufern absieht, markiert die Erwerbung des Ritterguts Groß Behnitz durch Albert Borsig den Anfang einer dann nicht mehr abreißenden Kette.

Längere Zeit vorher, bereits im Jahr 1768, hatte der Berliner Lederfabrikant Peter Friedrich Damm das später durch Adolf Wollank bekannt gewordenen Anwesen Dammsmühle im Barnim erworben. Ebenfalls noch im 18. Jahrhundert entstand im Berliner Tiergarten das Landhaus des königlichen Salzinspektors Mölter. Der Architekt Friedrich Gilly baute es im Jahr 1799 in enger Anlehnung an das Pariser Schlösschen Bagatelle. Als Salzinspektor bekleidete Mölter eine Beamtenstelle, die bereits unternehmerische Züge trug.

Mit der Wende zum 19. Jahrhundert begann der Tiergarten, sich zur bevorzugten Adresse für die Landhäuser des hauptstädtischen Bürgertums zu entwickeln. Im Lauf der Zeit erhielt dieses Viertel mehr und mehr einen städtischen Charakter. Bis zu seinem Untergang im Zweiten Weltkrieg blieb es eine bevorzugte Wohngegend, hatte aber als ländliche Idylle längst ausgedient.

Mit der Ausbreitung der städtischen Wohnviertel in das Umland hinein kam auch eine Randwanderung der Landsitze in Gang, die vom Tiergarten aus den Grunewald und weiter über Zehlendorf und Dahlem die Gegend von Potsdam erreichte. Die westlichen Vororte blieben bevorzugt; aber auch in den anderen Himmelsrichtungen entstanden Villenviertel, etwa in Pankow, Karlshorst und Friedrichshagen.

Der Schritt über die Grenzen der Berliner Agglomeration hinaus in die Tiefe der Provinz setzte mit dem Bau der Eisenbahnen ein und wurde später noch verstärkt durch das Aufkommen des Automobils. Nicht zufällig war es der Lokomotivbauer Borsig, der eins der ersten Signale dafür setzte. Landsitze, die von Berlin aus nicht in wenigen Stunden erreicht werden konnten, blieben lange Zeit die Ausnahme. Horchheim als ein sehr frühes Beispiel wurde bereits erwähnt. Mit einigem zeitlichen Abstand folgten unter anderem der Hofprediger Adolf Stöcker (der 1869 den Raintaler Hof bei Partenkirchen erwarb), der Bankier Carl Fürstenberg und der Verleger August Scherl (beide am Tegernsee).

Im 20. Jahrhundert wurde dann die Wahl eines solchen, entfernter liegenden Standortes schon häufiger getroffen. Und umgekehrt richteten sich auch Bürger aus anderen deutschen Großstädten in der Mark ein, wobei die Nähe Berlins sicherlich einen Faktor von großer Bedeutung bildete. Der rheinische Unternehmer Wilhelm Colsmann zum Beispiel, der mit einem Netz von Wach- und Schließgesellschaften reich geworden war, kaufte das Rittergut Lindenberg bei Storkow, dessen Besitz später an den ebenfalls rheinischen Bankier Robert Pferdmenges überging.

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Die Vorgeschichte

Lange bevor um Berlin herum ein Kranz von Landsitzen entstand, bereits um die Mitte des 18. Jahrhunderts, hatte das Hamburger Bürgertum die nähere Umgebung seiner Hansestadt für sich entdeckt, zunächst die damals noch ländlichen Vororte Flottbeck und Blankenese. Ein zeitgenössischer Reiseschriftsteller (August Hennings) schrieb 1795: „Herrlich und prächtig, schöner durch Natur als das Ufer der Brenta und mit diesem in Kunst wetteifernd, ist das ganze Ufer der Elbe von Altona bis Blankenese, wo Landhäuser sich an Landhäuser reihen.“ (zitiert nach Gotthardt Frühsorge: Die Kunst des Landlebens; München 1993)

Dieser Vergleich mit dem Ufer der Brenta verweist auf die Gegend von Vicenza in Oberitalien. Dort entstand bereits im 16. Jahrhundert, mit der reichen Handelsstadt Venedig als wirtschaftlichem Hintergrund, eine lockere Ansammlung von Landsitzen. Hier entwickelte sich zum ersten Mal in der neueren europäischen Geschichte diese spezifische Form bürgerlich geprägter Kultur und Lebensweise.

Der Erfolg dieses Modells ist nicht zuletzt dem damals dort wirkenden genialen Architekten Andrea di Piero zu verdanken, der unter dem Namen Palladio bekannt geworden ist. Einige seiner Schöpfungen, zum Beispiel die Villa Barbaro oder die Villa La Rotonda, wurden zu Vorbildern, denen in vielen Teilen Europas und später auch in Nordamerika nachgeeifert wurde.

Palladio seinerseits hatte sich durch Vorbilder aus der Antike inspirieren lassen. Er betrieb Studien in der Umgebung Roms  (Tivoli, Palestrina, Albano), erkundete die Grundrisse antiker Villen und publizierte die Ergebnisse seiner Forschungen. Auf diese Weise konnte das städtische Bürgertum bei der Gestaltung seiner Landsitze auf antike Vorbilder zurückgreifen – ein Vorgang, der auch auf vielen anderen Lebensgebieten zu beobachten war.

Noch bis weit in das 20. Jahrhundert war die Tradition antiker römischer Landsitze im Bewusstsein der Zeit präsent. Zahllose Ausflugslokale trugen den Namen „Tivoli“, so wie heute noch der Kopenhagener Vergnügungspark. Und mancher private Rückzugsort aus dem unruhigen Treiben der Großstadt wurde von seinem Besitzer schon mal als „mein Tusculum“ bezeichnet.

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Die Motive

An der vielfältigen Rückbeziehung auf die Tradition erkennt man leicht, dass nichts abwegiger ist als die Vorstellung, bei den Vertretern des Berliner Bürgertums, die nach einem Landsitz strebten, habe es sich um typische Emporkömmlinge ohne „feinere Bildung“ gehandelt.

Gewiss sind gelegentlich auch Vorbehalte in dieser Richtung artikuliert worden. So schrieb der Landrat des Kreises Lebus, Dr. Kleinert, am 15. Mai 1911: „Auch ist hier namentlich in den letzten Jahren wiederholt das Eindringen von Elementen in die Kreise der Großgrundbesitzer zu beobachten gewesen, die weder sozial noch politisch als ein erwünschter Zuwachs bezeichnet werden können. Es handelt sich um reich gewordene Leute, meistens Berliner Kaufleute, Bankiers etc., die lediglich das Verlangen, ihrem Reichtum auch das nötige soziale Relief zu geben, zum Erwerb eines Rittergutes veranlasst hat.“ (zitiert nach René Schiller: Vom Rittergut zum Großgrundbesitz; Berlin 2003)

Sicherlich hatte die Grundstücksspekulation, an der übrigens Kreise des Landadels nicht unbeteiligt waren, bei dem Kauf des einen oder anderen Ritterguts eine Rolle gespielt. Bei näherer Betrachtung stellt sich aber heraus, dass die Motive für den Erwerb eines ländlichen Anwesens sehr breit gefächert waren. Da war zunächst der begreifliche Wunsch nach einem Ort der Ruhe und Erholung abseits des großstädtischen Getriebes. Oft war dieser Wunsch begleitet von speziellen Interessen, die nur im ländlichen Raum befriedigt werden konnten, etwa die Jagd, land- und forstwirtschaftliche Aktivitäten, Wassersport, Reitsport und Pferdezucht, Landschaftsgestaltung und andere. Manchmal fand sich dabei auch der passende Platz für die Gründung einer sozialen Einrichtung oder für die Gestaltung einer Kunstsammlung. Der Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht drückte seine Liebe zur märkischen Landschaft in Gedichten aus, geschrieben in Gühlen. Selbstverständlich forderten auch Repräsentationsbedürfnisse ihren Tribut. Ausgesprochen protzig wirkende Anlagen sind aber selten entstanden.

Der häufig anzutreffende Hang zur eigenen Betätigung in der Landwirtschaft findet seine Erklärung vielleicht darin, dass Berlin etwa im Vergleich zu Köln, Augsburg oder den Hansestädten ein relativ junges Bürgertum aufwies, in dem ländlich geprägte Familientraditionen noch nachwirkten. Aber nicht nur die bukolische Idylle wurde gesucht, manchmal auch ein Ort für verschwenderische Feste. Und selbstverständlich war es für nicht wenige Käufer verlockend, sich nun als Rittergutsbesitzer bezeichnen zu können. Von den handfesten Vorrechten, die mit dem Besitz eines Ritterguts einmal verbunden gewesen waren, hatten verschiedene Reformprozesse zwar nicht mehr viel übrig gelassen, trotzdem haftete ihm immer noch ein Hauch von Vornehmheit und Herrschaftlichkeit an.

Im städtischen Umfeld war das Bürgertum mit seinem “Herrn-im-Hause“-Standpunkt mehr und mehr in die Defensive geraten gegenüber einer immer selbstbewusster auftretenden Arbeiter- und Angestelltenschaft. Da mögen die oft noch patriarchalisch geprägten ländlichen Verhältnisse für manchen konservativ gesinnten Besitzer als wohltuender Kontrast empfunden worden sein. Immerhin wurde die berüchtigte preußische Gesindeordnung erst durch die Novemberrevolution von 1918 beseitigt. Die Ausübung der Rechte als Ortsobrigkeit in den Gutsbezirken überlebte bis zum Jahr 1927, das Kirchenpatronat bis zur Bodenreform von 1945. Mehr symbolischer Natur war das Vorrecht, auf eigenem Grund und Boden bestattet zu werden (was in manchen Gegenden Deutschlands noch heute geschieht). In Brandenburg war August Bier vermutlich der letzte Tote, dem diese Ehre zuteil wurde.

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Ein Ausblick

Die Bodenreform und andere Enteignungen beendeten die Geschichte der märkischen Landsitze des Berliner Bürgertums für lange Zeit. Betroffen davon wurden auch jene Besitzer, die sich erst wenige Jahre zuvor selbst an jüdischem Eigentum vergriffen hatten. In den Nachkriegsjahren und in der Zeit der DDR kam nur ein sehr kleiner Teil der neuen Oberschicht in den Genuss vergleichbarer Privilegien, neben hohen Partei- und Regierungsfunktionären auch einige Schriftsteller und Künstler.

Für die Zeit nach 1990 kann von einer Wiederbelebung der Kultur der Landsitze rund um Berlin kaum die Rede sein. Die tragende Schicht des Großbürgertums, etwa vergleichbar mit Hamburg, Frankfurt am Main oder München, fehlt in der Hauptstadt noch zum guten Teil. Die Entwicklung moderner Verkehrsmittel und eine veränderte Lebensweise der Oberschicht unter dem Einfluss der Globalisierung haben zudem bewirkt, dass heute die Mark Brandenburg bei der Suche nach einem Landsitz nicht mehr unbedingt erste Wahl ist.

Wenn hier die wenigen, nach 1990 entstandenen oder wieder belebten, märkischen Landsitze des Berliner Bürgertums noch in die Betrachtung einbezogen würden, so wäre dies nicht etwa ein Dienst an der Kontinuität ihrer Geschichte, sondern ein völlig neues Kapitel. Dieses aufzuschlagen verbietet sich noch aus einem anderen Grund. Der Landsitz wird heute von seinem Eigentümer als Bestandteil der sorgsam gehüteten Privatsphäre angesehen und sollte auch als solcher respektiert werden.

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letzte Änderung: 18.12.2015