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Hermann Sudermanns Refugium

Von Hermann Aurich

Ganz vergessen war es nie. Der „Historische Führer“ des Urania-Verlags der DDR aus dem Jahr 1987 widmete Schloss und Park Blankensee immerhin sechs halbe Zeilen und ein kleines Foto. Hinter diesen dürren Angaben aber verbirgt sich ein einzigartiges Kleinod. Das Herrenhaus aus der Zeit um 1700 wird umgeben von einem reizvollen Park. Bei einem Spaziergang durch das Ensemble bieten sich dem Besucher mit jeder Wegbiegung neue Eindrücke. Wasserläufe und Brücken, Alleen und Gehölzgruppen, Wiesen und kleine Hügel wechseln einander ab.

Am beeindruckendsten jedoch ist der Schmuck des Ganzen durch geschickt eingefügte Elemente der Gartenarchitektur. Hier erhebt sich ein kleiner Rundtempel, dort eine Loggia und an anderer Stelle eine Bühnenwand mit Säulen, Nischen und Statuen wie aus einem antiken griechischen Theater entnommen. Die „Kaiserallee“ wird gesäumt durch die Büsten römischer Imperatoren. Am Rand einer Wiese erheben sich die allegorischen Figuren der vier Jahreszeiten und des Gottes Chronos. An den Wegen verteilt finden wir weiteren Figurenschmuck, Gestalten der griechisch-römischen Mythologie.

Zusammengetragen und zu einem harmonischen Ganzen gefügt hat dies alles Hermann Sudermann, ein heute fast vergessener Bühnenautor und Romancier. Geboren 1857 in dem kleinen memelländischen Dorf Matzicken, führte ihn sein Weg zunächst nach Königsberg, wo er sich nach einem abgebrochenen Studium journalistisch betätigte. Erste erzählerische Versuche bildeten die Vorstufe für seinen Durchbruch zum Erfolg, der ihm 1889 mit dem Theaterstück „Die Ehre“ gelang. Mit einem Schlage fand sich Hermann Sudermann in der Reihe (und bald an der Spitze) der meistgespielten deutschsprachigen Autoren. Und die erste Garde der Schauspieler, wie Albert Bassermann, Eleonora Duse, Josef Kainz und Paul Wegener, lieh ihr darstellerisches Können gern den Werken des neuen Lieblingsschriftstellers. Abgerundet wurde der Erfolg Hermann Sudermanns noch durch seine Romane. Vor allem „Frau Sorge“ und „Der Katzensteg“ errangen hohe Popularität.

Auch auf dem Höhepunkt seiner Erfolge vergaß Sudermann nicht die Sorgen und Nöte der weniger verwöhnten Berufskollegen. So stellte er sich um das Jahr 1900 an die Spitze einer Protestbewegung, die sich gegen Versuche der Einführung einer Zensur richtete. Sein Anwesen in Blankensee und seine Villa im Grunewald brachte er in eine Stiftung ein. Zusammen mit den Einkünften aus Aufführungs- und Druckrechten sollte dort jüngeren Schriftstellern ein sorgenfreies Arbeiten ermöglicht werden. Weltkrieg und Inflation, auch die rasch nachlassende Popularität seiner Werke, haben dies verhindert.

Schon zu seinen Glanzzeiten war Hermann Sudermann manchem Tadel führender Theaterkritiker ausgesetzt. Verbittert in seiner Reaktion zog er sich mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurück. Dem konventionellen Geschmack der wilhelminischen Ära zu sehr verhaftet, war ihm nach dem ersten Weltkrieg so recht kein Erfolg mehr beschieden. Gerhart Hauptmann, Frank Wedekind und einige jüngere Talente nahmen jetzt seinen Platz ein. Nach dem Tod seiner Frau, der Schriftstellerin Klara Lauckner, starb Hermann Sudermann relativ vereinsamt 1928 in Berlin. Seine literarischen Arbeiten schlummern heute in den Bibliotheken, wo sie nur von wenigen Spezialisten von Zeit zu Zeit ans Licht geholt werden. Sein gartenkünstlerisches Werk jedoch, das wie durch ein Wunder durch alle Kriegs- und Krisenzeiten fast unverletzt erhalten geblieben ist, erwacht in jedem Frühjahr zu neuem Leben und spricht jeden an, der für solche Reize empfänglich ist. Die beste Gelegenheit dazu nimmt wahr, wer sich einer sachkundigen Führung anvertraut, wie sie meist an jedem ersten Sonntag im Monat um 15 Uhr stattfindet. Aktuelle Informationen unter sudermannstiftung.de.

 

 

 

 

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letzte Änderung: 18.12.2015